Sonntag, 29. März 2015

Verbos - Palmstöcke

Heute ist der letzte Sonntag vor Ostern - Palmsonntag. Gestern beim Kaffeeklatsch mit Kolleginnen wurde ich auf den katholischen Brauch der Palmstöcke aufmerksam gemacht und gefragt, ob es so etwas auch in Litauen gebe. Natürlich gibt es in Litauen Palmsonntag, der lithurgisch gefeiert wird, wie die Palmstöcke in verschiedensten Ausführungen. Man darf in Litauen ab Palmsonntag bis zu Ostern nicht streiten, sich nichts leihen und nicht neiden.

Verbos: iki Velykų nevalia bartis, skolintis ir pavydėti


Verbų sekmadienis



Die in der Kirche geweihten Palmstöcke oder einfache kleine Sträußchen aus grünen Wacholderzweigen sollten Menschen vor Unglück schützen. Die Tradition der Palmstöcke kommt aus der fernen baltischen Vergangenheit, als die menschliche Beziehung zur Natur sehr eng war. Beim Gewitter mit Blitz und Donner z.B. verbrannte man das Wacholdersträußchen im Ofen, damit der heilige Rauch die Gewitterwolken vertreibt. Beim Getreidesähen mischte man zerriebene Wacholdernadeln dem Saatgut bei, um größere Erträge zu erzielen. Damit der Regen oder Hagel die Getreidehalme nicht niederschlägt, steckte man einen Palmstockzweig ins Feld. Der Rauch des verbrannten Wacholders sollte gegen Zahn- oder Ohrenschmerzen helfen. Wenn das Vieh das erste Mal im Frühjahr auf die Weide getrieben wurde, berührte man mit dem Palmstock jedes Tier, damit es über den Sommer gut grast und gesund bleibt. Man streifte mit dem Palmstock auch Kleinkinder, um deren Wachstum zu fördern. Die Frauen banden ihre Sträußchen mit einem roten Faden, den sie sich später während der Ernteeinbringung um die Taille wickelten, was gegen Rückenschmerzen helfen sollte. Dies alles zeugt von dem tiefen Menschenglauben an die Sakralität des grünen Wacholderzweiges.
Die Tradition dieser Feier lebt noch heute: in allen Händen das Symbol des ewigen  Lebens - der grüne Wacholder und der schmücke Palmstock, der hauptsächlich als Dekoelement und offensichtliches Beispiel der Transformation alter Volkstraditionen dient. 
Eines hat sich aber im Laufe der Zeit nicht verändert, nämlich  der Brauch, am Ostermontag die "Langschläfer" mit dem geweihten Wacholder zu "prügeln" und auf diese Art und Weise zu wecken. Dabei wird das Wecken mit einem speziellen Spruch begleitet: "Ne as plaku, verba plaka" (übers.: "Nicht ich, sondern der Palmstock prügelt"). Wer so aus dem Schlaf gerissen wird, darf nicht böse sein. Es soll ihm schließlich gute Gesundheit und schönes Leben bescheren.
Das Sträußchen wird gewöhnlich ein Jahr lang aufbewahrt und dann verbrannt.









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